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Difference between revisions of "Page:Gründtliche Beschreibung der Kunst des Fechtens (Joachim Meÿer) 1570.pdf/14"

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'''D'''Emnach die freye Ritterliche úbung vnd fechtkunst / biß anher nicht sonderlich ans liecht komen / vnd doch alle andere freye kúnste zů diser zeit dermassen beschrieben / vnd am tag sich sehen lassen / das sie bey nahe auff das hóchste gestigen / ist solches ohne zweyffel auß zweyen vrsachen beschehen. Erstlichen darumb das solche Ritterliche kunst / mit der fauste angegriffen / vnd mit zůthůn des ganzen leibs erúbt / vnd also mehr durch erfahrung / dann auß den Búchern můß gelehrt werden / Vň hat zwar solche vrsach mich eben lang auffgehalten / vnd in erwgung der grossen múhe vnd vhnkostens / bey nahe gar zůruck gezogen / Jedoch seind mir vil ehrlichende leuth /neben andern beweglichen vrsachen / auch mit disen begegnet / vnd nemlich zům ersten / Das vnangesehen vň ob gleich vil gedachte kunst fúrnemlich durch die leibs úbung můß erlehrne werden / so seye dannoch gewiß vň war / das sie eben als wol als andere / vom lernenden vil besser / wann sie ihme neben gůter anweisung / in richtiger ordnung zůsamen gesetzt / fúrgeschrieben / vň fúr augen gestelt / ins gedechtnus eingebildet / volgends auch so vil bester ehe durch die leibs úbung kan gelehrt vnd ergreiffen werden / dann wan sie ihm also schlecht múndlich erzehle / vnd stucktweise gewisen wúrde. Zům andern / so werden hiemit die ingenta durch vilfalriges nach gedencken / solche zůbehalten / nicht also hart beschwerdt / vnd mógen die zeit / welche sie sonst mit múhe darüber músten verzehren / desto mehr andern jhrem studijs verwenden. Zům dritten / so kan sich hierauß dei auffwachsent jugent / nach dem sie von einem rechten Meister gelert / vň aber denselbigé nicht alzeit bey sich hat / erinnern / vnd táglich zů jhrer geordneten zeit úben / wirdt auch also das jenige so sie erlernt / nicht bald auß der achtunge gelassen / oder etwan gemeinlich den mehrer theil vergessen / wie dem pflegt geschehen / Darumb denn denselbigen / vnd sonderlich jungen Herten / vnd andern vom Adel / welchen fúr andern dise Ritterliche kunst zůgeeiget vnd zu lernen gebürt hiemit nicht wenig gedient vnd fúrdernus mage geben werden.<section end="1"/>
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zweyen ursachen beschehen. Erstlichen darumb das solche Ritterliche kunst, mit der fauste angegriffen,
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Büchern muß gelehrt werden, Unnd hat zwar solche ursach mich eben lang auffgehalten, und
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dem sie von einem rechten Meister gelernt, und aber denselbige{{dec|u|n}} nicht alzeit bey sich hat, erinnern, und täglich zu
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ursach dieweil ich sie selbs erfahren, halt ich wie die verstendigen können urtheilen, für de meiste und wichtigeste,</small><section end="2"/>

Latest revision as of 20:11, 31 August 2023

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Vorred an den Leser.

DEmnach die freye Ritterliche übung und Fechtkunst, biß anher nicht sonderlich ans liecht komen, unnd doch alle andere freye künste zu diser zeite dermassen beschrieben, und am tag sich sehen lassen, das sie bey nahe auff das höchste gestigen, ist solches ohne zweyffel auß zweyen ursachen beschehen. Erstlichen darumb das solche Ritterliche kunst, mit der fauste angegriffen, und mit zuthun des gantzen leibs erübt, und also mehr durch erfahrung, dann auß den Büchern muß gelehrt werden, Unnd hat zwar solche ursach mich eben lang auffgehalten, und in erwegung der grossen mühe und uhnkostens, beynahe gar zuruck gezogen, Jedoch seind mir vil ehrlibende leuthe, neben andern beweglichen ursachen, auch mit disen begegnet, und nemlich zum ersten, Das uhnangesehen und ob gleich vil gedachte kunst fürnemlich durch die leibs übung muß erlehrnt werden, so seye dannoch gewiß und wahr, das sie eben als wol als andere, vom lernenden vil besser, wann sie ihme neben guter anweisung, in richtiger ordnund zusamen gesetzt, fürgeschrieben, und für augen gestelt, ins gedechtnus eingebildet, volgends auch so vil dester ehe durch die leibs übung kan gelehrt und ergriffen werden, dann wann sie ihm also schlecht mündlich erzehlt, und stuckweise gewisen würde. Zum andern, so werden hiemit die ingenia durch vilfaltiges nachgedencken, solche zubehalten, nicht also hart beschwerdt, und mögen die zeit, welche sie sonst mit mühe daruber müsten verzehren, desto mehr zu andern ihrem studiis verwenden. Zum dritten, so kan sich hierauß dei auffwachsent jugent, nach dem sie von einem rechten Meister gelernt, und aber denselbigen nicht alzeit bey sich hat, erinnern, und täglich zu ihrer geordneten zeit üben, wirdt auch also das jenige so sie erlernt, nicht bald auß der achtunge gelassen, oder etwan gemeinlich den mehrer theil vergessen, wie dem pflegt zu geschehen, Darumb denn denselbigen, unnd sonderlich jungen Herren, und andern vom Adel, welchen für andern dise Ritterliche kunst zugeeiget und zu lernen gebürt, hiemit nicht wenig gedient und fürdernus mage geben werden.

Die ander ursach ist dise, Nemlich das sich solche Ritterliche Fechtkunst, schwerlich last in Bücher schreiben, oder mit Büchstaben verfassen, als die allein durch übung des gantzen leibs ins werck müß gerichtet werden, Dise ursach dieweil ich sie selbs erfahren, halt ich wie die verstendigen können urtheilen, für de meiste und wichtigeste,