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  | title = Preface
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  | title = Rapier
 
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In verlegung des Authoris selbsten.
 
In verlegung des Authoris selbsten.
 
Im Jahr 1664.
 
Im Jahr 1664.
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|Dem Durchleüchtigsten Fürsten und Herrn / HERRN C A R O L O, Pfaltzgraffen bey Rhein / Hertzogen in Bayern / &. &. Meinem Gnädigsten Chur-Printzen und Herin / &.
 
 
Durchleuchtigster Fürst / Gnädigster Herr / &. Ewer Durchl. werden sonder allen zweiffel ex
 
Mathesi und andern vornehmen / von Schiffarten der Nachwelt einige instruction hinderlassenen
 
Scribenten sattsamen bericht und information erhalten haben / daβ / in deme die tollkühne Schiffende
 
Seekinder / dem / wider Menschliche einbildung / wundersamen veränderlichen Element Sich
 
zuvertrauen gewilligt / Sie nach Art und Gewonheit Ihre / gleich wie Ohrwissend / also miβliche
 
Wasserbahne / nach den hellschimmerenden Strahlen des güldenen Leith-Sterns Sich zu richten
 
pflegen / umb / daβ selbige Ihrer sehnenden Anlendung und des Ports nicht verfehlen / sondern /
 
wiewohl mit höhester müheseeligkeit / selbigen erreichen mögen;
 
Wellen dan auch ich von Jugend an biβ in mein mittel Alter durch des Glückes miβgünstigkeit
 
/ auff dem gefährlichen Welt-Meer / nicht under geringen Trübsaals stürmenden Winden herumb
 
seglen müssen / da dan offtmahls in gröster Leib- und Lebens gefahr geschwebet / und wohl erfahren /
 
was dort stehet /
 
Horat. Qui cupit optatam cursu contingere metam,
 
Multa tulit fecitque puer, sudavit & alsit ;
 
biβ ich endlich nach überstandener Widerwertigkeit / den längst gewünschten port ersehend / mein
 
schwaches Schiffgen alhier zu Ancker gelegt.
 
 
Als habe in erwegung deren auff diesem Welt-Meer ohnzehlig schwerer Schiffbruchs gefahren
 
/ bey meinen noch wenig übrighabenden Lebens-minuten, wo nicht Mir / jedoch den armen Meinigen
 
zum besten / billich nach einem hellen glücks-Stern mich umbsehen müssen / in begebenheit
 
desselben gnadenglantzes Mich zu bedienen; Ewer Durchl. Rhum-würdigsten hohen Helden Nahmen
 
auch stracks anfangs hierzu vor andern erblickt / dahero Solchen zu ertiefen / mich umb so viel da
 
mehr erkühnet / weil die ohnveränderliche Tugendt-Liebe / welche die rechte Magnetische
 
Eigenschafft / die Gemüthere an zuhalten / Ewerer Durchl. hell strahlenden Gnaden-scheins mich
 
nicht wenig dardurch versichert / daβ durch dero Gnädigsten milden vorschub dieβ mein geringes
 
Fecht-Buch in dero ansehnliche Bibliotheck Lustgarten mit eingesetzt zu werden erhoben / dahero
 
Ewer Durchl. Meinem Gnädigsten Pflantz-Herin gegenwertige Zinβfrucht schuld-danckbahrlichst zu
 
entrichten / und dieses Fecht-Buch unterthänigst zuzuschreiben / veranlasset worden / zumahln / da
 
von Ewer Durchl. Herin Vattern / Meinem Gnädigsten Churfürsten und Herin / &. vor etlichen Jahren
 
mir die ohnverdiente grosse Gnade erzeiget worden / daβ Selbe mich in dero diensten in HoffFechtmeisters
 
Bestallung (gnädigst anbefohlener dero Chur-Printzen Ewer Durchl. wie auch der EdelPagen
 
information in der Fechtkunst) gnädigst annehmen lassen; Dahero auβ sattsam überlegten
 
motiven umb so vielmehr zu unterthänigst gehorsambster danckbarkeit die so Mündt- als würckliche
 
unterweisung in der Fechtkunst und deren lectionen übliche Nahmen und nützlichsten gebrauch mit
 
klarer deutlicher Erklährung und Kupfferstücken zu verfassen / und in Form eines Tractät- oder
 
handbüchleins in truck also vorstellend der lieben Nachwelt zu hinderlassen mich bearbeitet. In dessen
 
aber / ob wohl diese meine Arbeit dem schein nach etwas einfältig bekleidet / zu dieser Abentszeit
 
hervor zutretten sich unterstehet / also nichts minder Ewer Durchl. Gnaden-Schutz wider jetzige Weltverkleinerung
 
der überwitzigen Klüglings-Geister / und neidischen Läster-Zungen höchlichst benötigt
 
ist / Jedoch / sich so fern gantz wohl vergnügt bekennet / und alles dergleichen freudig zugleich
 
verlacht / da ich mir des Schirmers gnädigsten Nahmen-glantzes mich würde rühmen dörffen / und zu
 
erfrewen haben. Umb welche hohe / wiewohl unverdiente Gnade / deren angebohrnen Gütigkeit / ich
 
hiemit untergnädigst anflehend / Ewer Durchl. sambt dem gantzen Churfürstl. Hause / nebenst
 
Hertzlicher anwünschung alles Fürstl. Selbst verlangbahren Glückstandts / Mich und die Armen
 
Meinigen zu möglichster unterthänigster Dienstleistung gehorsambt hiemit ergebe / verbleibendt
 
 
Ewer Durchl. Unterthänigst Gehorsambster Jéan Daniel L’Ange Fechtmeister.
 
|-
 
|
 
|
 
|An den Leser.
 
 
Günstig geneigter Leser /
 
Demnach die Menschen Kinder durch antrieb der Natur / also geartet sind / daß Sie je und
 
allewege etwas newes zu wissen und zu erlernen verlangen tragen; Als kan sothanem verlangen
 
hoffentlich hierdurch / wie gering es auch scheinet / in etwas satisfaction geleistet werden. Und ob
 
zwar hiebevor ein oder ander verschiedene so genante Fecht-Bücher in truck herauß gegeben / so ist
 
aber auch gnugsam am Tage / wie deren etliche unvolkommen / verdunckelte und zusammen
 
gestoppelte Wercke sind / welche / weil Sie mehr schädlich als nützlich / billich zuverwerffen weren:
 
In ansehung und betrachtung dessen nun / habe ich vielmehr / der ich mich dießmahl etwas
 
zuschreiben understanden / deme nachkommen sollen und wollen / was Herr Opitz an einem orth sehr
 
nachdencklich setzet /
 
Wer da will was rechtes schreiben
 
das soll bleiben /
 
Der bring einen newen Fundt /
 
auß dem grundt!
 
 
Allermassen dan / was es vor ein underschied zwischen den alten Authoribus und dem gegenwertigen
 
Wercke / wird der verständige Leser leichtlich sehen und abnehmen können. Weil dan zu dieses
 
Wercks volführung mir theils meine gute Freundt / und Gönnere / besonders aber mein von Jugend biß
 
hieher zu dieser Kunst gefastes belieben grosse veranlassung gegeben / kurtz-doch gründlich von der
 
Fecht-kunst / etwas gewisses der lieben posterität zu hinderlassen. Als habe dieses geringe
 
Tractätlein / nechst Göttlicher Hülffe / auß selbst erlangter erfahrung / Reisen / Kosten und fleiß in
 
meiner Jugend / anjetzo nach einer guten ordnung / Meinen Herin Scholaren, auch andern meinen
 
sonderbahren Freund und Gönnern schuldigst communiciren wollen / worauß Jeder nach verlesenem
 
discours auß beygefügten figuren vergnügliche instruction überkommen wird. Ich gestehe gern / daß
 
nicht alles hierin begriffen / was etwan manger Klügling verlanget / dabey wisse Er / daß ich es auß
 
erheblichen ursachen gerne underlassen / Einig und allein ist meine intention dahin gerichtet /
 
hauptsachlich dem günstigen Leser vor die Augen zustellen / was eigentlich zu der rechten Fechtkunst
 
gehörig / und worin sie bestehe / in abtheilung aller Stücken / beedes vergnügung zu geben den Augen
 
und dem Sinn / worzu gehörig folgende Stück / als ein gute inclination, disposition, information, und
 
continuation: Mich versicherend / daß diese instruction allen Liebhabern der Fecht-kunst / gleich Sie
 
von Ihnen großgünstig und feundlich acceptirt, ebener massen und vielmehr nützlich und erfreulich
 
sein wird.
 
 
Gehabe dich wohl.
 
|-
 
|
 
|
 
|'''Lob-Gedicht / an den Autorem dieses Buches.'''
 
Heraus / erwünschtes Buch! du darffst das Liecht nicht schewen /
 
Heraus / beliebtes Buch! gewiβ du wirst erfrewen /
 
Die / so geflissen sind den D E G E N zuverstehn /
 
Du wirst durch manches Land / und Helden-Hände gehn /
 
Bey denen Tugend gilt: man hat zwar auch beschrieben
 
Die Kunst vor dieser zeit / die Schrifften sind geblieben /
 
Und leben noch zum theil: Es ist der Alten fleiβ
 
Auch seines lobes werth / die / was mit müh’ / und schweiβ
 
Sie haben angemerckt / der Nach-Welt nicht verschwiegen /
 
Sonst würden in dem Staub viel guter Künste liegen /
 
Die nun sind offenbahr; Sie haben das gethan
 
Was ihr vermögen war / Sie haben uns die Bahn
 
Gebrochen / wie bekant: doch / weil / wie wir recht sagen /
 
Ein tag den andern lehrt / so hat sich zugetragen /
 
Daβ man je mehr und mehr gesorschet / und bedacht /
 
Und endlich es so hoch / wie kundbar ist / gebracht /
 
Mit der / und jener Kunst / Ein Teutscher hat erfunden
 
Das donnernde Geschüβ / das / die zuvorn fest stunden /
 
Thürn / Wäll’ / und Mauren bricht / es sprengt in einem dufft
 
Das Pulfer / Roβ und Mann / auch Felsen in die Lufft /
 
Und Bollwerck / Bergen gleich; Ein Teutscher Mann hat können
 
Ersinnen / (welches lob die Wahlen uns nicht gönnen)
 
Wie man die Bücher druckt / da mehr allein ein Mann
 
In einer stunde thut / das auch kein Schreiber kan
 
In zehen tagen thun: Es ist auch hoch zupreisen
 
Des Kupferstechers fleiβ / der schlecht mit einem Eysen
 
Sticht auff ein Kupferblat / und uns vor Augen stellt /
 
Was irgends ist zusehn in der so weiten Welt.
 
Es muβ die Mahlerey dem Kupferstechen weichen:
 
Der Mahler kan ein Bild mit Farben wohl auβstreichen
 
Und bilden wie Er will; es wird in einem Saal
 
Zur zierrath aufgehenckt / und soll es noch einmahl
 
Recht abgebildet sein / so muβ es doch geschehen
 
Mit müh’ und langer zeit; das Kupfer / wie wir sehen /
 
Druckt man auf das Pappir / daβ nun in einer stund
 
Viel hundert Blätter hat / die in der Form und grund /
 
Sind gantz den ersten gleich. Nun Euch hat auch beliebet /
 
H E R R L’A N G E, wehrter Freund / die Kunst die ihr geübet /
 
Und wohl erlernet hat / nicht / wie sonst mancher thut /
 
Zu tragen in das Grab / das trewe Teutsche Blut
 
Gibt redlich an den tag / was mancher sonst verschweiget /
 
Und auch umb baren Sold / doch nicht vertrawlich zeiget
 
Was er gelernt / und weiβ. Ihr habt von Jugend an
 
Betretten jederzeit der Tugend hohe Bahn /
 
Ihr habt insonderheit vor andern Euch beflissen
 
Die Ritterliche Kunst / recht in dem grund zuwissen /
 
Wie man den Degen führt / und was ihr so gesucht /
 
Das habt Ihr auch erlangt / Ihr habet reiche Frucht
 
Der Wissenschafft gebracht / und was zuvorn die Alten
 
In dieser Edlen Kunst geheim und hoch gehalten /
 
Habt Ihr gar jung erlernt / hernach durch Ewren fleiβ
 
Und reisen so vermehrt / daβ Ihr / vor vielen / preiβ /
 
Und ruhm hiervon erlangt; Es ist in frembden Landen
 
Euch viel beförderung / dahero zugestanden
 
An manches Fürsten Hof / wie Ihr denn dieser zeit
 
Hier an des Neckars wol angesehen seit:
 
Es ist ja lobens werth / und viel daran gelegen /
 
Wenn man die Jugend lehrt / wie Sie den blancken Degen
 
Mit vortheil brauchen soll / damit vor seinem Mann
 
Ein jeder seinen glimpf / und Leib beschirmen kan.
 
Auff daβ nun Ewre Kunst / erfahrenheit / und wissen
 
Der Nachwelt nützlich sey / so habet ihr gerissen
 
Und auff Pappier gebracht / mit kunst-gefliβner Hand /
 
Wie sich ein Kämpfer soll / in seinem tritt / und Stand
 
Recht stellen zu der Wehr / und wie man vor der Klingen
 
Behutsam solle sein / und seinen stoβ anbringen:
 
Das alles / und noch mehr / das niemand sonst gelehrt /
 
Dergleichen man auch nicht vor dieser zeit gehört /
 
Gebt Ihr / H E R R L’A N G E an / und daβ es möge bleiben /
 
Habt Ihr es nicht allein mit Dinten wollen schreiben
 
Und bringen in den Riβ; es wird auch nun gebracht
 
In Kupfer / was zuvor Ihr künstlich auβgemacht.
 
Wir sehen auff dem Blat die kühnen Fechter stehen /
 
Und wie sie nach der Kunst frisch auff einander gehen /
 
Ihr gebet auch zugleich Erinnerung darbey /
 
Wie das und jenes Stuck recht zuverstehen sey.
 
Es wird nun dieses Buch hin in die Welt gesendet /
 
Darbey Ihr grosse müh und kosten angewendet /
 
Ihr thut / H E R R L’A N G E, recht! es wird durch ewere Hand
 
Gezieret / und gelehrt / das Teutsche Vatterland:
 
Ihr thut / H E R R L’A N G E recht! es wird die wehrte Jugend
 
Durch Ewren fleiβ erweckt zu Ritterlicher tugend!
 
So fahret immer fort! Es bleibet Euch zu lohn /
 
Auch jetzund / und nach Euch / die höchste Ehrenkrohn!
 
 
Auβ wahrer Teutscher wolgewogenheit aufgesetzet / von
 
Joseph Canneberg
 
|-
 
|
 
|
 
|1. Billich traget der zu Lohne
 
Seiner Tugend eine Krone /
 
Der / was nützlich / lehrnt / und weiβ /
 
Und dasselbe nicht verschweiget /
 
Sondern offenbahrt / und zeiget
 
Offentlich / mit bestem fleiβ:
 
 
2. Euch / Herr L’Ange, muβ ich rühmen /
 
Kan die warheit nicht verblühmen /
 
Manche Adeliche Kunst /
 
Habt Ihr in den jungen Jahren
 
Wohl erlernet und erfahren /
 
Die Euch bringen lob und Gunst.
 
 
3. Von Euch kan ein Musquetirer /
 
Von Euch kan ein Piequenirer /
 
Lernen / was er lernen soll /
 
Wie man eine Fahne schwinge /
 
Wie man führen soll die Klinge /
 
Wisset Ihr / und lehrets wol.
 
  
4. Jetzund nehmet Ihr den Degen
 
Und die vortheil auβzulegen /
 
Die darbey zubrauchen sind /
 
Habet alles nach dem Leben /
 
Auch in Kupfer schön gegeben /
 
Wenig man dergleichen find.
 
 
5. Was Ihr selbsten zeigt und lehret /
 
Was man von Euch täglich höret /
 
Bringt Ihr jetzund in die Schrift:
 
Alles ist sehr wohl beschrieben /
 
Nichts ist hier verschwiegen blieben
 
Was die edle Kunst betrift.
 
 
6. Auff / O Adeliche Jugend /
 
Die Ihr liebet Kunst und Tugend!
 
Nehmet diese Lehren an /
 
Die Herr L’Ange hier beschreibet /
 
Und Euch sonst geflissen bleibet /
 
Dienst zu leisten / wo Er kan.
 
 
7. Neider sagen was Sie wollen /
 
Doch Sie nicht vertilgen sollen
 
Dieses Buch / es wird bestehn;
 
Bücher / welche Tugend lehren /
 
Kunst / und Wissenschafften mehren /
 
Werden nimmermehr vergehn!
 
 
I. H. C.
 
 
|}
 
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| title = Rapier
 
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! <p>Images<br/></p>
 
! <p>{{rating}}<br/></p>
 
! <p>Transcription<br/>by [[Reinier van Noort]]</p>
 
 
|-
 
|
 
|
 
|'''Summarischer Discours,'''
 
 
Von den vier Haupt-Guardien in der Fecht-Kunst / woher sie ihre Nahmen haben / und worin ihre
 
effectus bestehen / wie solche in dieses Buchs folgenden Capituln beschrieben werden / wobey
 
zuwissen / daβ gleich wie Vier Haupt-stöβ / also auch so viel Guardien sind / namentlich /
 
Prima, Secunda, Tertia, und Quarta.
 
 
|-
 
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|
 
|'''Caput I.'''
 
 
Die Erste Guardia oder positur wird genant die prima, und hat ihren nahmen daher / wan man
 
will auβ der Scheiden ziehen / so ergreifft man mit verkehrter Faust den Degen auff der seyten an /
 
umb denselben gegen seinen Feind zu entblössen / und ihme die Spitz zu bieten / da dan der kleine
 
Finger in die Höhe / und der Daumen unten mit zugethaner Faust und auβgestrecktem Arm die Spitze
 
gegen dem Gesicht ihme præsentirendt / sich befinden muβ / in welcher positur also die Prima
 
formiret wird / die doch im stossen wenig gebräuchlich und gezwungen ist / deβwegen ich keine
 
fernere meldung thun will.
 
 
Die zweyte Guardia genant die Secunda, wird auβ der Prima formirt, welche geschiehet mit
 
umbwendung der Handt / als / das eusserste oben / das inwendigste der Handt unten / wie vorgesagt /
 
mit auβgestrecktem Arm / und also geneigtem Haupt / damit man unter des Feindes Klingen hinsehen
 
möge / die Spitze gegen des Feindes Angesicht / oder etwas höher gerichtet / auff daβ der Feind nicht
 
oben über der Klingen hinein verletzen könne / den Leib niedrig mit dem rechten Knie vorwerts
 
gebogen / das Lincke aber fast steiff / und die lincke Handt underm Leib nicht weit vom Gesicht
 
gehalten / daβ sie im fall der Noth einen Stoβ abzuwenden / oder wohl gar des Feindes Degen zu
 
ergreiffen / bereit seye / wie beygehende Figur Num. I. auβweiset.
 
 
 
Die dritte Guardia als die Tertia wird formirt mit gerader Handt / den Daumen neben langs
 
der flachen Klingen / das eusserste der Handt auβwendig / und mit steiffem Arm wie oben gesagt / in
 
gerader Linien / die Spitze gegen des Feindes Leib / oder auffs höchste nach dem Kopff / die lincke
 
Hand vor dem Leib vorwarts / die lincke Schulter zurück / die rechte aber vorgewendet / welche ich
 
zwar nicht viel gebrauche / dieweil in derselben der Feind engagiren und den vortheil gewinnen / auch
 
man darin nicht so leicht caviren und sich loβ machen kan / wie in der Quarta, dan die Spitze
 
gewöhnlich sich etwas hoch befindet / wie beygehende Figur sub Num. II. zeiget.
 
 
Was die Vierte Guardiam oder positur belanget / die quarta genant / muβ selbige mit
 
auffwarts gewendeter Faust / den Daumen auff der Klingen hingerichtet / auβgestrecktem Arm / die
 
Spitzegegen des Feindes rechter Brust / mit zurück gezogener lincker Schulter etwas gebogenen
 
lincken Knie / und die Hand vorwerts / sich erzeigen; Welche postur die rechte quartam præsentirt,
 
die ich vor die leichtest: zierlichst: und nutzbahrste halte / dieweil sie ohn zwang und mühe kan ins
 
werck gerichtet werden / nach auβweiβ beykommender Figur Num. III
 
 
Und dieses sey gnug von den Vier Haupt-Guardien geredet / die würckung derselben aber /
 
und wie sie am aller sichersten zugebrauchen / werde ich an seinem Orth melden.
 
|-
 
|
 
|
 
|'''Caput II.'''
 
 
Wie man sich in gute positur stellen soll / es seye die quarta oder secunda, welche ich vor die
 
sicherste und beste halte / auβ welchen die anderen leich formirt werden können.
 
 
Ehe wir aber von denselben etwas reden / wollen wir zuvor von dem Reverentz, so man etwa
 
in grosser Herin gegenwarth fechten solte / und weil selbiger auch gemeiniglich auff den Fecht-Böden
 
allen Lectionen und underweisungen vorgehet / kürtzlich etwas handeln / und wie solcher zierlich
 
zumachen / unterweisung pflegen.
 
 
Wan nun der Degen recht in der Handt gefaβt ist / so nehme man mit der lincken Hand den
 
Huet ab / ziehe alsdan den rechten Fuβ zurück / lasse die Spitz des Degens zugleich mit dem Leib /
 
gegen die Persohn / welcher die Ehr gebührt / hernacher gegen dem Adversario sincken / nach diesem
 
schreite man mit dem lincken Fuβ zu rück / und alsobald mit demselben wider hervor / setze zugleich
 
in einem tempo den Huth wieder auff / bringe den rechten Fuβ wider vor sich / und præsentire also
 
dem Adversario den Degen / in welcher postur es auch sey; Dieses stehet gar zierlich auff FechtBöden
 
und in Schimpff-Fechten / aber in Ernst gedencket man dessen gar nicht. Nun wollen wir sehen
 
/ welche posturen die besten und zierlichste / auch zur defension die nutzbahrste seyen. Und zwar
 
anfangs / wer sich will in die Quart stellen / der muβ seinen Leib auffrichtig / den Degen nahe bey
 
dem Gefäβ und Creutz fest in der Faust mit auβgestrecktem Arm und zusammen gestelten Versen
 
præsentiren / dan den rechten Fuβ einen Schritt fortsetzen / und das lincke Knie beugen / das Rechte
 
steiff halten / welches jedoch nicht schaden kan / wan man selbige zu seiner zeit beide etwas beuget /
 
und sich in eine niedrige positur leget / den Leib gleichwohl auff dem lincken Schenckel ruhend
 
gelassen / damit der rechte Fuβ desto leichter seye fort zusetzen / fainte zu machen / zu stossen / oder
 
zurück zuziehen. Darbey aber observire man wohl / daβ die Spitz des Degens / der rechte Fuβ und
 
lincke Versen in einer geraden Linien sich befinden und fort gesetzt werden / die lincke Hand aber
 
nicht weit vom Angesicht avancire, daβ man selbige zur zeit der Noth könne gebrauchen / entweder
 
zu pariren, des Feindes Degen anzugreiffen / weg zu reissen / oder im passiren desto füglicher den
 
Feind von sich zu halten / jedoch muβ alles mit geschicklichkeit geschehen / welche positur einen
 
zierlichen Leib machet / und ich sie selber vor sicher halte.
 
 
Die zweyte Guardiam oder secundam belangendt / halte ich so wohl de: als offensivè vor
 
sicher / welche formirt wird wie vorgemeldt / mit auβgestrecktem Arm / den Leib vorwarts / wie auch
 
den Kopff hart neben dem Arm / auff daβ man über den Arm kein blöβ gebe / und under dem Gefäβ
 
seines Degens hindurch des Feindes blöse erkennen möge / die lincke Hand unten vor dem Gesicht
 
avanciret, das rechte Kniehe gebogen / und das lincke auβgestreckt / welches man doch zu gelegener
 
zeit in dem mensur brechen wie auch sonsten biegen kan; desgleichen / wan man auβ der secunda in
 
die quart fallen wolte / muβ man das lincke Knie auch biegen und das rechte etwas doch nicht
 
garstrecken / auch den Leib geschwindt wenden / welches ich zu gelegner zeit und gehörigem Orth
 
meinen Herin Scholaren besser expliciren werde / und auch die Figur Num. IV. beides andeutet.
 
 
 
  
 
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Revision as of 19:35, 22 June 2017

Test work for L'Ange transcription


Treatise